Progenetische Evolution als Prinzip zur Entstehung neuer Arten innerhalb der Polychaeten am Beispiel der Dinophilidae/"Dorvilleidae" ("Polychaeta", Annelida)

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Title: Progenetische Evolution als Prinzip zur Entstehung neuer Arten innerhalb der Polychaeten am Beispiel der Dinophilidae/"Dorvilleidae" ("Polychaeta", Annelida)
Authors: Struck, Torsten Hugo
Thesis advisor: Apl.-Prof. Dr. Günter Purschke
Thesis referee: Prof. Dr. Wilfried Westheide
Abstract: In dieser Arbeit wurde die progenetische Evolution der Dinophilidae innerhalb der Eunicida („Polychaeta“, Annelida) sowie der Ursprung weiterer vermutlich progenetischer Arten des Euniciden-Taxons „Dorvilleidae“ (Parapodrilus psammophilus und Microdorvillea sp. n.) mit Hilfe molekularer Daten untersucht. Ein etwa 1800 bp langer Abschnitt der 18S-rDNA wurde erfolgreich von den in Tabelle 1 aufgeführten Arten (s. S. 5-7), mit Ausnahme von Ophryotrocha puerilis und Pusillotrocha akessoni, sequenziert. Von der 28S-rDNA wurde ein etwa 2250 bp langer Abschnitt von Trilobodrilus heideri, Protodorvillea kefersteinii, Eunice sp. und Hyalinoecia tubicola sequenziert. Von den folgenden Arten wurden 488 bzw. 482 bp der CO I bestimmt: Rheomorpha neiswestonovae, Trilobodrilus axi, Trilobodrilus heideri, Ophryotrocha gracilis, Ophryotrocha puerilis, Protodorvillea kefersteinii, Schistomeringos rudolphi, Eunice sp., Marphysa sanguinea, Lumbrineris funchalensis, Hyalinoecia tubicola, Potamodrilus fluviatilis und Sabella crassicornis. Zusätzliche Sequenzen der 18S-rDNA, der 28S-rDNA und der CO I wurden der Datenbank GenBank entnommen. Weitere Sequenzen der 28S-rDNA und der CO I wurden freundlicherweise von Frau Jördens zur Verfügung gestellt. Vor den phylogenetischen Analysen wurden Bereiche unterschiedlicher Variabilität definiert. Unterschiede zwischen den Substitutions-, Transitions-, Transversions- und allgemeinen Mutationsraten sowohl untereinander als auch zwischen den Variabilitätsbereichen sowie Sättigungen wurden ermittelt. Das phylogenetische Signal wurde mittels Likelihood Mapping verdeutlicht. Phylogenetische Analysen der einzelnen Gene sowie in Kombination der beiden nukleären ribosomalen Gene und aller drei Gene wurden durchgeführt. Dabei wurden die Parsimonie-, die ML- und die Bayes´sche Analyse parallel angewendet. Soweit möglich wurden Signifikanztests durchgeführt. Die zum einen die beiden Hypothesen der Monophylie der Eunicida mit und ohne Dinophilidae gegeneinander und zum anderen die beste Lösung gegen diese beiden Hypothesen und die Hypothese einer Monophylie der Taxa der ehemaligen „Archiannelida“ verglichen. Die Voruntersuchungen an den Datensätzen der einzelnen Gene zeigen bei den drei Genen deutliche Unterschiede der Substitutionsraten sowohl zwischen den einzelnen Variabilitätsbereichen als auch untereinander. Die Muster in den beiden Genen der 28S‑rDNA und der 18S-rDNA sind sich relativ ähnlich, allerdings ist die 28S‑rDNA variabler. Die CO I unterscheidet sich deutlich von den beiden anderen Genen in ihrem Muster und in ihrer Variabilität. Es wurde in allen drei Analysen Substitutionsmodelle gewählt die diese Unterschiede adäquat berücksichtigten. In der ML- und der Bayes´schen Analyse wurden die Modelle mittels dem Programm Modeltest bzw. MrModeltest bestimmt. In den Analysen der einzelnen Gene zeichnet sich die 18S-rDNA für diese Fragestellungen durch die beste Auflösung aus. Dieses ist auf die niedrige Variabilität sowie die große Anzahl an OTUs zurückzuführen. Die 28S-rDNA ist in der Auflösung wesentlich besser als die CO I und etwa so gut wie die 18S-rDNA. Die CO I alleine ist für Fragestellungen, die die Phylogenie der höheren taxonomischen Einheiten der Polychaeten betreffen, nicht geeignet. Die Kombination meherer Gene führte ebenfalls zu einer Verbesserung der Auflösung. Dabei wird die Auflösung mit steigender Zahl der Gene besser. Auch in diesen Analysen unterstützen die „posterior probabilities“ mehr Gruppen mit signifikanten Werten und sind immer höher als die BS-Werte. Es konnte gezeigt werden, dass die Verwendung der besten Phylogenie der ML-Analyse als Startbaum in der Bayes´schen Analyse schneller und sicherer ins stabile optimale Gleichgewicht führt. Es wird daher empfohlen, diese Option wenigstens als Test für die Etablierung des stabilen optimalen Gleichgewichtes in zukünftigen Analysen zu verwenden. Die molekularen Daten lehnen eine nähere Verwandtschaft der Dinophilidae zu den Eunicida sowie zu den Taxa der ehemaligen „Archiannelida“ mit hoher Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht signifikant, ab. Eine mögliche Verwandtschaft zu einem in die Analysen nicht eingegangenem Taxon der Eunicida kann nicht ausgeschlossen werden, da die Monophylie der Eunicida nur in den Analysen aller drei Gene bestätigt wird. Ebenfalls kann eine nähere Verwandtschaft der Dinophilidae zu einem anderen Taxon der „Polychaeta“ nicht mit signifikanter Unterstützung nachgewiesen werden. Da weder die molekularen noch die morphologischen Daten zurzeit eine eindeutige systematische Einordnung der Dinophilidae innerhalb der „Polychaeta“ erlauben, sollten die Dinophilidae wieder als eigenständiges Taxon innerhalb der „Polychaeta“ geführt und keinem anderen Taxon zugeordnet werden. Der progenetische Urspung der Dinophilidae ist aufgrund morphologischer Untersuchungen gut belegt. Die enge Verwandtschaft sowohl von Parapodrilus psammophilus als auch Microdorvillea sp. n. zu großen kiefertragenden Dorvilleiden mit polytrochen Larven wird mit signifikanten Werten in allen Analysen unterstützt. Die molekularen Daten unterstützen somit die vermutete progenetische Evolution von wenigstens Parapodrilus psammophilus. Dadurch dass die Dinophilidae mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in die „Dorvilleidae“ oder Eunicida eingeordnet werden können, ist auch die systematische Einordnung der Gattungen ohne muskulöses Pharynx-Organ (Apodotrocha und Apharyngtus) in die „Dorvilleidae“ nicht mehr mit eindeutiger Sicherheit gegeben. Sie wurden aufgrund der gleichen morphologischen Merkmale wie die Dinophilidae den „Dorvilleidae“ zu geordnet. Die molekular-phylogenetischen Analysen unterstützen nur in den kombinierten Analysen aller drei Gene die Monophylie der Eunicida. Dieser ist wahrscheinlich auf die „explosive Radiation“ dieses Taxons sowie der Taxa der Polychaeten im Allgemeinen zurückzuführen. Die nahe Verwandtschaft von Eunicidae und Onuphidae wird in allen Analysen, außer in denen mit der CO I, signifikant unterstützt. Die molekularen Daten unterstützen eine Monophylie der „Dorvilleidae“ nicht. Da der ctenognathe Kieferapparat der „Dorvilleidae“ sehr wahrscheinlich ein plesiomorphes Merkmal innerhalb der Eunicida ist, wird das Taxon auch morphologisch durch kein autapomorphes Merkmal charakterisiert. Die „Dorvilleidae“ sollten deshalb als parapyhletisch innerhalb der Eunicida betrachtet werden und mit Anführungsstrichen geführt werden. Die systematische Position der Histriobdellidae innerhalb der Eunicida kann basierend auf den Analysen der 18S-rDNA nicht eindeutig geklärt werden. Allerdings legt die Analyse, die eine Monophylie der Eunicida ohne Dinophilidae erzwingt, eine Verwandtschaft mit Ophryotrocha gracilis nahe. Zukünftige molekular-phylogenetische Analysen sowohl die Phylogenie der Annelida und im Besonderen der Eunicida als auch die systematische Einordnung der Dinophilidae betreffend sollten vor allem bei den Genen der 28S-rDNA und CO I noch mehr Taxa und Arten umfassen, um der geringen Auflösung der basalen Verzweigungen in allen Analysen und Problemen wie der „long branch attraction“ in zwei der Analysen mit der 28S-rDNA besser zu begegnen. Ferner sollte der Datensatz noch um andere Gene, wie zum Beispiel dem Elongationsfaktor 1a oder den Histonen, mit einer möglichst großen Zahl an Taxa erweitert werden.
URL: https://osnadocs.ub.uni-osnabrueck.de/handle/urn:nbn:de:gbv:700-2003071410
Subject Keywords: Dinophilidae; Archiannelida; Eunicida; Polychaeta; Annelida; Progenese; Molekulare Phylogenie; Systematik; Zoologie; 18S-rDNA; 28S-rDNA; COI
Issue Date: 14-Jul-2003
Type of publication: Dissertation oder Habilitation [doctoralThesis]
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